Hallo Netzgemeinde,
neulich war ich als Trainer unterwegs und habe einige verschiedenen Seminare geleitet. Es ging um Themen wie „Neukundenakquise“ und „kundenorientierte Beratung“. Die Seminarteilnehmer waren Azubis, gelernte Fachkräfte und selbständige Kaufleute.
Was auffiel war, dass die ersten Stunden relativ verhalten und ruhig abliefen. Das ist häufig so, wenn die Teilnehmer sich untereinander noch nicht kennen (und den Trainer). Logisch – es fehlt zunächst die Vertrauensbasis. Das gibt sich meist nach den ersten Trainings-Einheiten und/oder spätestens nach der ersten Pause 🙂
Dieses Mal merkte ich förmlich eine aufkommende positive Unruhe. Der Grund war recht einfach: ich habe Kreativität frei von allen Zwängen und geschäftlichen Rahmenbedingungen „verlangt“. Die Teilnehmer durften (zum jeweiligen Seminar passend) plötzlich machen was sie wollten und konnten. Sie haben sich ausgetauscht und von einander profitiert. Wo die eine noch einen blinden Fleck hatte, hatte ein anderer eine Idee. Diese zündete erstgenannte an und löste neue Ideen aus. Meine Aufgabe bestand darin, den Prozess strukturiert zu begleiten und Ordnung ins Chaos der Gedanken und Ideen zu bringen.
Diese Brainstormingprozesse (Downloaddatei: 6 Brainstorming) sind nicht zu unterschätzen – kommt man doch häufig vom völligen Irrwitz hin zu einer praktikablen Idee (und wer sagt denn, dass Irrwitz nicht auch irgendwann praktikabel ist: Elon Musk hätte vor 10-20 Jahren auch behauptet, dass es erst einmal anmaßend erscheint zu Werbezwecken einen selbstproduzierten Elektrosportwagen ins Weltall zu schießen).
Am Ende standen jedenfalls Ideen, für die die Teilnehmer brennen. Sie erfordern sehr viel Nach- und Planungsarbeit, um in der Realität Anwendung zu finden. Aber alle arbeiten momentan neben den eigentlichen Aufgaben diese Teile für ihre Ziele ab.
Die Frage, die sich einigen Leserinnen/Lesern nun stellt, lautet wahrscheinlich: Ist es denn so einfach? Mal eben ein Brainstorming ansetzen und dann wird alles gut?
Nein, natürlich nicht. Vor allem dann nicht, wenn die Ideengeber im zweiten Schritt keinen Raum finden ihre Ideen vorzustellen. Denn die meisten guten Ideen scheitern aus zwei Gründen:
- sie wird erst gar nicht vorgestellt und bleibt beim Ideengeber unter Verschluss. Es wird Perfektionismus vorgetäuscht und man „sei ja noch nicht richtig fertig damit“ oder „es fehlen halt noch Infos, um es zu präsentieren“ oder blablabla… als Zuhörer wartet man ewig auf die Vorstellung
- die Ideen werden so lange weich gespült, bis das Risiko der Ablehnung ausgewaschen ist. Wer mag schon gerne eine offene Ablehnung für eine tolle Idee riskieren, wenn er mit einer halbseidenen Aktion zumindest zustimmendes Kopfnicken bekommt.
Fazit: Ideen zu fordern verlangt gleichzeitig Ideen zuzulassen! Das gilt für viele Chefs, aber auch Kollegen, Freunde und Verwandte.
Das Schnelle: „Klappt eh nicht“ / „Habe ich auch schon alles gemacht“ / „Lass mal lieber“ / „…“ – lässt deutschlandweit die Potenziale von engagierten Mitarbeitern verkümmern. – Neulich habe ich gelesen, dass ca. 1/4 alle Angestellten innerlich gekündigt hat. Einer der Hauptgründe ist demnach, dass die Meinung (z.B. Ideen/Vorschläge) nicht gehört bzw. ignoriert werden. Frust erwächst nicht selten aus Enttäuschung.
Das Gute ist aber, dass es sie gibt, die Mitmenschen, die sich inspirieren lassen wollen. Die sagen: „Ich höre mir alles an. Wir sprechen konstruktiv darüber und wenn ich eine Aussicht auf Machbarkeit und Sinn erkenne, dann legen wir los.“ – Und dann wird aus einem Funken, plötzlich ein loderndes Feuer.
In diesem Sinne wünsche ich allen viele gute Ideen – seien sie anfänglich auch noch so utopisch – und Mitmenschen (Kollegen/Chefs/Freunde), die keine Innovationskiller sondern Ideengärtner sind, die Dünger und viel Licht zum Wachstum einbringen.
Live long and prosper
Euer Markus
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